Unzureichende Informationen, Ablehnung einer Verhütung und
fehlender Zugang zu den Mitteln

In den meisten Entwicklungsländern wurde die Gesundheitsversorgung in den letzten Jahrzehnten erheblich ausgebaut und zunehmend Impfprogramme für Kinder und Erwachsene eingeführt. Aber in vielen Ländern – vor allem in Subsahara-Afrika sowie einigen Ländern  Asiens – wurde dies nicht in gleichem Maße mit Informationen über Möglichkeiten der Familienplanung und einer Bereitstellung von Verhütungsmitteln verbunden.

In den vergangenen 10-20 Jahren wurden in bis zu 52 Entwicklungsländern intensive Befragungen von Frauen zu den Kenntnissen von Verhütungsmöglichkeiten, den Einstellungen dazu sowie ihrer An-  wendung durchgeführt.

Berücksichtigt wurden 7 Länder Mittel- und Südamerikas, 13 in Asien und 31 in Subsahara-Afrika sowie Ägypten. Nicht berücksichtigt wurden die Schwellenländer sowie China, die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas außer Jordanien und Ägypten und einige andere Länder. Befragt wurden einerseits verheira- tete Frauen oder solche in einer festen Beziehung im Alter von 15 bis 49 Jahren und andererseits Frauen dieser Altersgruppe, die noch nie verheiratet waren. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die erstere Gruppe, sofern es nicht anders angegeben wird.

Die Studien haben sehr große Unterschiede zwischen den Ländern ergeben. Diese reflektieren meistens Unterschiede in Politik, Reichweite von Maßnahmen oder Einflüsse der Religion oder Glaubenssysteme in den einzelnen Ländern.

Die höchsten Werte einer Verhütung (einschließlich Zeitwahl- oder Kalendermethode) finden sich in vier der sieben mittel- und südamerikanischen Länder mit 72-79 % der Frauen oder Paare. Diese Prozentsätze decken meistens den Bedarf annähernd aller Frauen, die kein Kind mehr oder eine längere Geburten- pause wünschen. Der Rest wünscht sich meistens entweder ein Kind, ist schwanger oder unfruchtbar. (In Deutschland beträgt der Anteil 68 %.) Noch relativ hohe Werte von 55-61 % haben in Asien die Länder Bangladesch, Indien,  Indonesien und Jordanien sowie in Afrika Ägypten und Simbabwe.

Die Länder mit den niedrigsten Anteilen von Frauen oder Paaren mit einer Verhütung durch nur 6-20 % finden sich alle in Subsahara-Afrika: Es handelt sich außer den Komoren und Mosambik um Länder der Sahelzone oder Nachbarstaaten davon, darunter auch unser Projektland Burkina Faso.

Männer in Togo staunen über Kondome, die sie zum ersten Mal gezeigt bekommen. (Foto: Agnes Schmidt)

Männer in Togo staunen über Kondome, die sie zum ersten Mal gezeigt bekommen. Eine Verhütung von Schwangerschaften in der Ehe überlassen sie aber meistens ihren Frauen, wenn sie denn überhaupt damit einverstanden sind. (Foto: Agnes Schmidt)

Weltweit gibt es ca. 220 Millionen verheiratete Frauen oder Frauen in fester Beziehung im Alter von 15-49 Jahren, die sagen, sie möchten keine Kinder mehr oder hätten gerne eine längere Geburtenpause, die aber nicht verhüten. Fast alle leben in Entwicklungsländern.

In den Studien der 52 Entwicklungsländer wurden diese Frauen auch gefragt, warum sie nicht verhüten – auch um dies bei Maßnahmen zur Förderung der Familienplanung berücksichtigen zu können. Häufigste Antworten waren in den meisten Ländern die Befürchtung gesundheitlicher Nebenwirkungen der Mittel sowie eine Ablehnung einer Verhütung durch die Frauen, den Mann oder andere Familien- mitglieder, wobei die eigene Ablehnung häufiger war. Dies beinhaltet auch eine Ablehnung aus religiösen Gründen.

Mangelnder Zugang zu den Mitteln spielte im Durchschnitt der Regionen nur eine relativ geringe Rolle. In vier Ländern in Subsahara-Afrika wurde dies aber von beachtlichen 12-17 % der Frauen, die mindestens vorerst keine weiteren Kinder wollten, als Grund für einen Verzicht auf Verhütung angegeben, in weiteren 15 Ländern noch von 6-9 %. 7 % haben diesen Grund auch in zwei der sieben Länder Mittel- und Süd-  amerikas genannt. Keine Rolle spielte diese Unzulänglichkeit nur in Indonesien, Jordanien und Ruanda.

Zu hohe Kosten haben im Durchschnitt 4 % der Frauen in Subsahara-Afrika, die zumindest vorerst keine Kinder mehr möchten, als Grund für den Verzicht auf eine Verhütung angegeben und jeweils 2 % in den beiden anderen Regionen. In vier Ländern Subsahara-Afrikas haben aber 10-12 % diesen Grund genannt, in vier weiteren Ländern dort sowie in den Philippinen noch 6-9 %. Im Rest der Länder waren es kleinere Anteile, und in zehn Ländern wurde dieser Grund nicht genannt, darunter fünf in Afrika.

Diese Angaben beziehen sich grundsätzlich auf die von der Frau anzuwendenden Methoden wie die Pille, die Dreimonatsspritze und die Verhütungsspirale. Diese werden in den Entwicklungsländern normaler- weise,  ebenso wie die Kondome, zu subventionierten, niedrigen Preisen abgegeben. Jedenfalls liegen die Kosten für diese Mittel dort im Allgemeinen unter dem, was für den Schulbesuch und die Medikamente für ein Kind anfällt.  Die Ärmsten lassen zur Not allerdings die Kinder nicht lange in die Schule gehen, lassen sie früh arbeiten und können im Krankheitsfalle keine Medikamente für die Kinder kaufen.